Dienstag, 22. November 2016

Buchausschnitt: Die Lüge vom Sozialstaat

Satire: Warum die Todesstrafe in Deutschland keineswegs abgeschafft wurde


Ihr habt es ja schon in der Anleitung, wie man Negatives in Lebens zieht gelesen: Ich war ein Meister darin und habe mich nach besten Kräften bemüht, mich über all die Ungerechtigkeiten aufzuregen, die mir widerfahren waren. Das ist natürlich mein gutes Recht, aber dummerweise zieht man damit wohl immer mehr der fiesen Ungerechtigkeit an. 

Deswegen habe ich jetzt aus der Not eine Tugend gemacht und die ganze Geschichte auch einmal von ihrer lustigen Seite aus betrachtet und konnte endlich von Herzen über alles lachen: Und das ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo so ziemlich die allerletzten finanziellen Reserven aufgebraucht waren. Herausgekommen ist eine bitterböse, spöttische Satire. Nach Meinung meiner Kinder das Beste, was ich je geschrieben habe. Unterhalb der Werbung ist ein Ausschnitt - weiter geht es im Buch mit einer verschnupften Gutachterin und einem Hausmeister, der an Rumpelstilzchen erinnert. 

Die Leseprobe von Buch Nr. 2 (Pferde vermenschlichen - aber richtig) findet ihr übrigens HIER und HIER stelle ich mein Lehrbuch "Westernreiten meets Natural Horsemanship" vor.





Der Tragödie erster Teil - dessen zweiter Teil:


Dann gibt es noch so eine Bezeichnung, die meinen Kopf regelmäßig zum Qualmen bringt: Das Ding heißt ja Jobcenter. Nach meinem Verständnis also ein Zentrum, in dem man einen Job findet. Weit gefehlt: Jobangebote unterbreiten sie so gut wie keine (woher auch – gibt halt nicht genug Jobs für alle), aber ein mehrwöchiger Bewerbungskurs wurde mir gesponsert, weil das konnte ich vorher noch nicht so gut – bin ja nur ein kleiner Schreiberling so als gelernte Redakteurin. „Ja, nee, is' klar“, würde Comedian Atze Schröder jetzt wohl anmerken. Ich langweilte mich also nach besten Kräften, erfuhr, dass meine Bewerbungen nicht zu verbessern seien, aber meine Computerkenntnisse, die würde der Kurs ja jetzt auffrischen. Man erfährt ja immer wieder Dinge über sich selbst, die man vorher noch nicht wusste: Computerkenntnisse hatte ich als Diplom-Medienwirtin vorher wohl auch nicht – da kann ich wieder nur Atze zitieren: „Ja nee ... is' klar.“ Um mir also Kenntnisse zu vermitteln, die ich bereits hatte, investierte man üppig öffentliche Gelder in Dinge, die die Welt nicht braucht.
Da die Klage ja vor allem deswegen abgewiesen wurde, weil die Buchhaltung den Ansprüchen des Richters nicht genügt hatte, frage ich mich, warum einer selbstständigen Aufstockerin nicht stattdessen ein Kurs in Buchhaltung finanziert wird? Ich frage mich auch, warum sich das Jobcenter geschlagene sieben Jahre Zeit damit lässt, den Leistungsbezieher darauf hinzuweisen, dass man von der Aufstockerin erwartet, dass sie jedem Reitschüler Quittungen ausstellt. Nach Vorgabe des Finanzamtes fallen Reitschulen in die typischen Bargeldgeschäfte, wo man am Ende des Tages sogar die Gesamtsumme unaufgeschlüsselt irgendwo notieren darf, sofern es Kleinunternehmer sind. Man darf auch den Betrag in einer Excel-Tabelle vermerken und kann dann auf die handschriftlichen Notizen verzichten. Damals zu Beginn meiner Selbstständigkeit hat das Jobcenter das genauso gesehen und auch endgültige Bescheide erlassen. Es gab nie Beanstandungen – die kamen erst zwei, drei Monate vor Klageabweisung und die Sache mit der Umwandlung des Betriebsvermögens wurde galant unter den Teppich gekehrt.

MERKE: Der Staat geizt nicht bei den Arbeitslosen, wenn man ihnen etwas beibringen kann, was sie vorher schon konnten. Kenntnisse in Buchhaltung werden hingegen nicht vermittelt, weil mit etwas Glück machen die Hartz-IV-Empfänger Fehler und dann kann man praktischerweise Leistungen komplett verweigern

Auf dem Tisch standen nach wie vor Nudeln, aber es gab dennoch ein Ergebnis der vom Jobcenter finanzierten Maßnahme: Die hieß Eingliederungsvereinbarung. Das sind die Verträge, die man eigentlich gemeinsam mit dem Arbeitsberater aushandeln soll, die einem aber im Endeffekt, komplett ausformuliert, nur noch zur Unterschrift vorgelegt werden. Ich habe es mal gewagt, da etwas gegen zu sagen: Da war was los. Die Mitarbeiterin beklagte, sie hätte andere Sorgen, denn das war genau der Tag, nachdem in einem anderen Jobcenter eine Mitarbeiterin mit einem Messer niedergestochen worden war und jetzt solle ich ihr nicht mit diesen „Kinkerlitzchen“ kommen. Völlig eingeschüchtert habe ich den Wisch dann unterschrieben und noch am gleichen Nachmittag schriftlich widerrufen und bemängelt, dass das ja auch nicht im Sinne des Erfinders ist, dass die Vereinbarungen schon komplett ausformuliert sind, bevor man auch nur ein einziges Wort miteinander gewechselt hat. Stellt Euch vor, man hat mir geantwortet. Völlig von den Socken war ich, als mir sogar schriftlich zugesagt wurde, dass in Zukunft die Eingliederungsvereinbarung mit mir gemeinsam ausformuliert wird. Ich hatte mich aber zu früh gefreut, denn danach wurde ich nie wieder zu einem Gespräch eingeladen und habe jahrelang dann gar keine Eingliederungsvereinbarung mehr abgeschlossen. Diskutiert wird wohl nicht im Jobcenter: Entweder „Friß oder stirb“ oder „Bleib, wo der Pfeffer wächst“.

MERKE: Eingliederungsvereinbarungen werden vor Gericht als Verträge angesehen, die man freiwillig unterschreibt, weil man den Inhalt zuvor mit dem Arbeitsvermittler ausgehandelt hat.

Dann gab es auch eine Änderung bei der Hausversicherung, weil das Haus gewaltig unterversichert gewesen war in der Vergangenheit. Die Änderung führte dazu, dass sich die Versicherungsbeiträge verdoppelten. Ich habe den Beitragsbescheid zeitnah nachgereicht. Das Jobcenter hat den Betrag aber nicht berücksichtigt, also habe ich gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Der wurde abgeschmettert, denn der fehlende Betrag würde ja dann beim endgültigen Bescheid erstattet – ich möge mich gedulden. Endgültiger Bescheid – was ist das? Ich hatte seit zwei Jahren keinen endgültigen Bescheid mehr bekommen, aber in Friß-oder-Stirb-Manier habe ich die Hälfte des Versicherungsbeitrages eben von dem Schonvermögen bezahlt, das ich eigentlich gar nicht hatte. Aber man kann das Geld ja auch bei der Ernährung einsparen, machen wir ja seit Jahren: Nudeln in allen Variationen.
Die seit Jahren fehlenden endgültigen Bescheide habe ich erst erhalten, als ich bei Gericht Untätigkeitsklagen eingereicht habe und manchmal kann ich den Richter verstehen und kann mir lebhaft vorstellen, dass er von mir genervt war, wenn er seine Post durchging: „Und schon wieder eine Klage von Frau Steiner.“ Man muss ja auch bedenken, dass bis jetzt nur das Urteil für das eine Jahr, wo ich so krank war, verkündet wurde. Von 2014 bis 2016 steht ja auch noch einiges aus: Eine Klage für zwei Bewilligungszeiträume und jede Menge Anträge über die noch nicht entschieden wurde. Richtig prickelnd ist, dass aufgrund meiner Untätgkeitsklage dann sämtliche Leistungen auch für die Vergangenheit abgelehnt und die gezahlten Gelder zurück verlangt wurden – für drei Jahre ! Dagegen haben wir auch Widerspruch eingelegt und die Widersprüche liegen jetzt in der Widerspruchsstelle setzen Staub und Spinnweben an und warten darauf, dass man sie irgendwann einmal bearbeitet, falls es das enge Zeitkontingent der permanent überlasteten Jobcenter-Mitarbeiter einmal zulässt.

Der Tragödie zweiter Teil: Klage eingereicht, weil kein Bock mehr auf Nudeln

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass wir uns überwiegend von Nudeln ernährt hatten? Meine Kinder haben das ja Gott sei Dank ganz gut überstanden, aber mein Dickdarm hat sich vehement gegen diese Fehlernährung gewehrt und bildete Divertikel aus, die sich entzündeten. Gerade mal anderthalb Jahre selbstständig gewesen und dann hatte es sich auch schon wieder mit der Berufstätigkeit: Ich wurde binnen zwei Jahren zwei Mal operiert, hatte sechs oder sieben derart heftige Entzündungsschübe, dass ich gleich zwei Antibiotika auf einmal nehmen musste: Eins schmeckte wie Metall pur: Das fanden meine guten Darmbakterien jetzt auch nicht so toll und machten sich vom Acker, wie das bei Antibiotika halt so ist: Antibiotika killt eben alle Bakterien, auch die nützlichen.
Das Jobcenter Oberberg hört meiner ganz persönlichen Erfahrung nach ja immer gerne Nachtigallen trapsen und wittert vor allem immer Eines: Sozialbetrug in allen Winkeln des Einzugsgebietes. Also musste ich zu den Zeiten, als ich es noch wert war, dass man mit mir Eingliederungsvereinbarungen vereinbarte, zur medizinischen Gutachterin und die sagte: „Nö, kein Betrug. Stimmt, was Frau Steiner sagt. Die ist krank, aber dürfte nach der OP wieder arbeitsfähig sein.“ Das muss die beim Jobcenter so geärgert haben, dass sie sich sodann weigerten, meine Heizungsreparatur zu übernehmen. Ganz gnädig wurde mir der Betrag als Darlehen gewährt. Als Journalistin kann ich ja – Krankheit hin oder her – eines wirklich gut: Missstände erkennen, aufdecken und wasserdicht recherchieren. Und was sah mein getrübtes Adlerauge? Die müssen solche Reparaturen als Zuschuss zahlen: Im Gesetz steht nichts von Darlehen mit Ratenzahlung. Eigentlich muss das Jobcenter ja auch die Kosten für Klassenfahrten der Kinder übernehmen, aber da muss man ein exaktes Datum erwischen, an dem man das beantragt, sonst wird es abgelehnt. Allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen: Ist man zu früh, heißt es, man könne das erst in dem Bewilligungszeitraum beantragen, wo die Klassenfahrt stattfindet. Also muss man warten mit dem Antrag, bis die Klassenfahrt quasi schon vor der Türe steht, während der Lehrer der Kinder natürlich die übliche Anzahlung verlangt und dabei auch gerne etwas ungemütlich wird. Wenn man dann so richtig blöd ist, zahlt man die brav, stellt den Antrag im Bewilligungszeitraum und kriegt dann nur einen Teilbetrag mit der sinngemäßen Begründung: „Sie hatten ja das Geld für die Anzahlung, also müssen wir die nicht übernehmen.“ Ich kann diese Rechenweise heute noch nicht nachvollziehen, frage mich immer und immer wieder, dass man, wenn es um die normalen Leistungen geht, Schonvermögen haben darf. Wenn man aus diesem Schonvermögen aber Geld für die Klassenfahrt vorstreckt … ach lassen wir das: Ich war noch nie ein Mathematikgenie und muss das auch nicht verstehen, habe aber trotzdem Widerspruch eingelegt. Nicht nur einen: Ich glaube, ich habe seinerzeit ein halbes Dutzend Widersprüche abgeschickt. Und man stelle sich vor, mein Anwalt erhielt wegen der Klassenfahrt ein Entschuldigungsschreiben, man werde die Kosten für die Klassenfahrt selbstverständlich übernehmen und seine Anwaltskosten gleich mit – geht doch.

MERKE: Manche vom Jobcenter zitierte Regelungen kann man in Gesetzbüchern lange suchen

Als der Anwalt die Bewilligungsbescheide sah, schlug er aber gleich nochmal die Hände über dem Kopf zusammen – das stimmte ja hinten und vorne nicht. Aus zwei Widersprüchen wurden Klagen: die Heizungsreparatur und die fehlerhaften Bewilligungsbescheide und stellt Euch vor: Ich habe beide Klagen gewonnen – ohne irgendwelche Abstriche. Und der Richterin fielen dann auch gleich noch mehr Fehler auf: Die hatten mir doch glatt hundert Euro Einkommen pro Monat abgezogen, die ich gar nicht hatte – mussten sie für den Zeitraum, wo wir geklagt haben, dann auch zurückzahlen, aber das war ja jahrelang so gelaufen. Also – frech wie ich bin - erdreistete ich mich, für diese Jahre endgültige Bewilligungsbescheide zu beantragen (muss man eigentlich gar nicht, müssen die unaufgefordert machen, wenn sich irgendwas geändert hat, aber sei es drum): Jetzt war ich endgültig unten durch und meine Selbständigkeit mit meinem kleinen Ponyhof fanden die urplötzlich auch nicht mehr so toll. Vor Gericht kam dann der Aufschrei: „Die Frau hat acht Pferde !!!“ Wenn ich auch nicht rechnen kann, so kann ich doch immerhin zählen und es waren damals noch fünf (jetzt vier): Die Anzahl war dem Jobcenter jahrelang bekannt, denn immerhin war es ja deren Idee, dass ich mich damit selbstständig mache und wenn man ganz genau ist, dann waren es damals ein Pferd, ein Fohlen und drei kleine Ponys. Mit einem Pony allein wirkt so ein Ponyhof dann ja schon irgendwie mickrig auf die Kundschaft, die dann wohl ausbleiben würde – besonders dann, wenn ein Ausritt mit vier Personen auf dem Programm steht. Das sah die Richterin ein, sagte, das ginge ihr alles zu weit, was die Rechtsvertreterin des Jobcenters so alles aus dem Hut zauberte und gab uns in vollem Umfang Recht. Obwohl wir beide Prozesse gewonnen haben, war das der Anfang vom Ende und wir sind in den folgenden drei Jahren regelrecht durch die Hölle gegangen. Und genau diese Geschichte möchte ich Euch nun erzählen.


AUS DEM INHALT:
  • Prolog: Die Erin Brockovich der Kölner Innenstadt
  • 1. Teil: Von Unterhalt, Bewerbungen & Eingliederungsvereinbarungen
  • 2. Teil: Klage eingereicht, weil kein Bock mehr auf Nudeln
  • 3. Teil: Weiblich, geschieden, krank sucht Hausmeister
  • 4. Teil: Grundgesetzlicher Gleichheitsgrundsatz ade
  • 5. Teil: Wie eine Gutachterin zur Wahrsagerin wurde
  • 6. Teil: Stippvisite beim Landessozialgericht Essen
  • 7. Teil: Wie aus einem Hausmeister das Rumpelstilzchen wurde
  • 8. Teil: Ein Gutachten kommt selten allein
  • 9. Teil: Von Doppelbotschaften und Zettelwirtschaften
  • 10. Teil: Inquisition: Mittelalter hält Einzug in die Moderne
  • 11. Teil: George Orwells Roman „1984“ wird zur deutschen Realität
Zum Beweis dafür, dass wir kein Einzelfall sind, dieser Link, denn es gibt regelrechte Sanktionsquoten. Selbst wenn sich alle Leistungsbezieher vorbildlich verhalten, sind die Jobcenter-Mitarbeiter angehalten zu sanktionieren, um Geld einzusparen: http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/neue-beweise-fuer-hartz-iv-sanktionsquoten-90016278.php

Somit sind auch Mitarbeiter der Jobcenter Betroffene - eine davon hat ausgepackt, z.B. hier:
https://altonabloggt.com/2013/01/27/kritische-mitarbeiter-in-den-jobcentern-bis-das-ruckgrat-bricht/

Mehr Betroffene-Berichte: http://wir-sind-boes.de/betroffene-berichte-1.html

Aus genau diesem Grund, weil da doch einiges im Argen liegt, habe ich einen politischen Blog ins Leben gerufen, den hier findet: https://nicolasteiner12oaksranch.wordpress.com/ z.B. diese Artikel:
Im zweiten Beitrag geht es u.a. darum, dass die Jobcenter Geld zweckentfremden: Geld, das zur Förderung Arbeitsloser bestimmt war, fließt in die Verwaltung. Es ist also fast teurer die ganzen Arbeitslosen zu kontrollieren, als ihnen das Existenzminimum zu gewährleisten.

Und noch ein kleiner Hinweis zum Inhalt der Satire: Ich hatte im Buch geschrieben, dass es ab 2017 den Unterhaltsvorschuß des Jugendamtes bis zur Volljährigkeit geben soll. Dies war ein Gesetzentwurf der SPD, der von der CDU jetzt gekippt worden ist. Das sei nicht finanzierbar, so habe ich jetzt irgendwo in den News gelesen.

Für Journalisten und Blogger, die das Buch rezensieren möchten, besteht die Möglichkeit ein kostenloses Rezensionexemplar per autorenservices@bod.de anzufordern - Journalisten legen dafür bitte ihre Presseausweis bei.

DIE ISBN LAUTET 9783743116429

Wer keinen Kindle hat, sondern einen anderen Reader, wird hier pfündig:

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